20.-26. Oktober 2024
Serbien war das erste Land im Zweiten Weltkrieg, in dem die nationalsozialistischen Besatzer behaupteten, ihr Ziel einer „Endlösung der Judenfrage“ erreicht zu haben. Gleichzeitig fanden unter dem Deckmantel der „Bandenbekämpfung“ Massenerschießungen der serbischen Zivilbevölkerung statt. In Deutschland und Österreich gibt es jedoch nur ein marginale Auseinandersetzung über die Verbrechen auf dem Balkan; diese steht bis heute im Schatten des NS-Vernichtungskriegs in Mittel- und Osteuropa.
Auf einer sechstägigen Reise nach Belgrad, Kragujevac und Novi Sad haben wir uns mit der Geschichte der NS-Besatzungspolitik in Serbien sowie den verschiedenen Formen des Gedenkens nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigt. Wie wurde im sozialistischen Jugoslawien erinnert und wie vollzog sich die Umdeutung der Vergangenheit während der nationalistischen Mobilisierung in den 1990er Jahren? Wie wirken die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs bis heute nach? Welche Konflikte um die Deutung der Geschichte gibt es?
Die jugoslawische Erinnerungspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg hatte vor allem den heldenhaften Kampf der Partisan:innen gegen die NS-Besatzer in den Mittelpunkt gestellt. Opfergruppen wurden nicht unterschieden, sodass die Erinnerung an den Holocaust an den Rand gedrängt wurde. Ende der 1980er Jahre wurden die Ereignisse während des Zweiten Weltkriegs in ganz Jugoslawien zur nationalen Mobilisierung verwendet, die schließlich in den Jugoslawienkriegen mündete. In Serbien waren es die königstreuen Četniks, deren Rolle neu bewertet wurde: Sie galten nun als die wahren Patrioten, ihre Beteiligung an den Nazi-Verbrechen wurde relativiert. Dem hingegen wurde die Erinnerung an Partisan:innen marginalisiert.
Organisation und Reiseleitung: Kathrin Jurkat (Historikerin), Hannah Marquardt (Kulturmanagerin) und Dirk Auer (Journalist).