„Ich bin sehr froh, dass es dieses Projekt gab. Ich habe eine tolle Zeit verbracht und viele neue Freunde gewonnen“, sagt die 13-jähige Keti aus Belgrad. Andere nicken. Viele neue Inhalte hätten sie kennen gelernt, gemeinsam etwas erarbeitet und dabei auch ein klareres Bewusstsein über ihre eigene Situation bekommen. Sieben Tage lang hatten sich gut 30 Jugendliche – Roma und Nicht-Roma aus Serbien, Deutschland und Frankreich – mit den Themen Ausgrenzung, Flucht, Abschiebung und den dadurch entstehenden Ängsten auseinander gesetzt.
Durch Video-, Tanz- und Theaterworkshops wurden diese Themen in einen kulturellen Rahmen eingebettet: Mit der Belgrader Performance-Gruppe „Roma Siam“ erarbeiteten die Jugendlichen etwa eine tänzerische Choreografie zum Thema „Mi smo isti!“ (Wir sind alle gleich). Unterschiedliche Diskriminierungserfahrungen wurden in verschiedenen Theatersequenzen festgehalten. Die Videogruppe unter Leitung von Sami Mustafa, einem jungen Roma-Filmemacher aus dem Kosovo, hielt alle wichtigen Momente der Begegnungen fest.
Ein besonderer Moment war der Besuch des ehemaligen NS-Internierungs- und Vernichtungslagers Staro Sajmiste, in dem 7500 jüdische und ca. 800 Roma-Frauen und Kinder ermordert wurden. Der Besuch des Geländes, auf dem heute mehrere hundert Menschen, zum Teil Roma, leben, wurde durch die Lektüre von Briefen einer ehemaligen Krankenschwester des Lagers, der 20-jährigen Jüdin Hilda Dajc, vorbereitet. Auf dem Gelände wurden ausgewählten Stellen aus den Briefen vorgelesen.
Auch die Gespräche mit Experten und Zeitzeugen hinterließen eine tiefen Eindruck bei den Jugendlichen: Borka Vasic begleitet die Gruppe in das ehemaligen NS-Konzentrations- und Vernichtungslager Staro Sajmiste in Belgrad. Sie selbst hat während der Nazi-Okkupation elf Familenangehörige verloren. Stanka Sinani, eine 72 jährige Frau aus dem Romaviertel von Zemun beantwortete Fragen über die Nachkriegszeit sowie über den Auf- und Ausbau der Romasiedlung Vojni Put. Sofia, 74 Jahre, kam aus Südserbien nach Zemun und berichtete aus ihrem Leben während der Zeit Titos, in der sie als Hausangestellte des Schriftstellers Ivo Andric und später der Malerin Olija Ivanisci tätig war. Zu beiden verband sie eine intensive Freundschaft.
Während der ganzen Woche fanden regelmäßige Besuche im Romaviertel Vojni Put statt. Die Jugendliche nahmen an einem Roma-Jugendfest teil, an einem anderen Tag wurde ein Spaziergang durch das Viertel (mit Hochzeitsbesuch) organisiert. Insbesondere die Gespräche mit den älteren Bewohnerinnen haben bei den Jugendlichen ein Bewusstsein für die Wichtigkeit geweckt, mit der älteren Generation über die (eigene) Geschichte zu reden und diese auch fest zuhalten. Einige TeilnehmerInnen aus Serbien planen nun selbsttändig weitere solche Interviews, um damit einen Beitrag zur Roma-Erinnerungskultur zu leisten.
Nach einer intensiven Woche floss dann natürlich die ein oder andere Träne. „Wenn ich noch eine Woche länger hier bleibe, werde ich selbst zu einem Rom!“, sagt der 21-jährige Karim aus Marseille zum Abschluss.
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